Mein zweites Standbein: Seit 2016 lebe ich in Liverpool und berichte aus einer Stadt, die viel mehr zu bieten hat, als einen Premier-League-Fußballclub mit einem deutschen Trainer an der Spitze und einer Pilzkopf-Band, die sich wie kaum eine andere in unser kollektives Musikgedächtnis eingebrannt hat. Wer sich einmal auf Großbritannien eingelassen hat, den lässt das Land nie mehr los. Das entschleunigte Tempo, die Tendenz zu Selbstironie und Understatement, der Sinn für Fair Play und Pragmatismus, das diplomatische Geschick und der künstlerischen Ehrgeiz der Brit:innen ist beispiellos. Aus deutscher Sicht gehen sie erstaunlich großzügig mit ihrer Zeit um. Wer um Hilfe bittet, bekommt sie auch. Für andere eine Extra-Meile zu gehen, gehört zum Selbstverständnis – genauso wie der Small Talk über das Wetter, das viel besser ist, als viele glauben.
Nordengland ist im Trend und Liverpool “the next big thing” – sicherlich auch, weil das Wohnen in London immer unerschwinglicher wird. Das vergleichsweise preiswerte Leben zieht jedes Jahr Tausende Studierende und Künstler:innen in die Stadt mit ihren vier (!) Universitäten. Liverpool zeichnet sich durch eine moderat boomende Wirtschaft, eine wunderschöne Innenstadt-Architektur und eine vielfältige Kultur- und Musikszene aus: Namhafte Bands wie Coldplay und die Arctic Monkey haben ihre Alben im Studio an der Lark Lane produziert.